Die Nordwasser GmbH aus Rostock digitalisiert konsequent. Deshalb werden Grundstücksanschlüsse jetzt mit der NAVA-App vermessen. Und das bringt Vorteile auf verschiedenen Ebenen.
Hausanschlussvermessung, digitalisiert
Die Nordwasser GmbH realisiert pro Jahr ungefähr 800 Baumaßnahmen und misst damit ca. 1.000 Grundstücksanschlüsse ein. Bislang war dieser Prozess eher manuell geprägt, formulargebunden und mit wenig Systemunterstützung. Die Arbeitsschritte der Messung waren mit hohem Zeitaufwand verbunden: Formulare wurden von Hand ausgefüllt, die Messungen papiergebunden dokumentiert, gescannt und gemailt oder per Kurier versendet. In der Technischen Dokumentation kamen weitere Schritte hinzu, bis der Sollzustand im GIS letztlich erreicht war.
Da lag eine Digitalisierung nahe. An dieser Stelle kam die App NAVA ins Spiel. Sie wurde zu einem wichtigen digitalen Baustein bei der Errichtung von Grundstücksanschlüssen und zu einem Beschleuniger des Gesamtprozesses, an dem unterschiedliche Abteilungen und Standorte beteiligt sind.
Hohe Anforderungen an die Software
Vor der Systemeinführung stand die Marktsondierung. Die Expertise in allen GIS-Fragen brachte die Technische Dokumentation der Nordwasser ein. Deren Sachgebietsleiter Stefan Hammann war maßgeblich an der Systemeinführung beteiligt: „Unsere Anforderungen haben wir abteilungsübergreifend koordiniert. Mit dabei waren auch das Anschlusswesen mit den Grundstückssachbearbeitern, der Netzbau mit den Meistern und Monteuren als Anwender der App und der Bereich IT-Anwendungen, der die Themen Systemintegration und Mobile Device Management verantwortet.“ In der anschließenden Ausschreibung mussten die Projektpartner ESN und Mettenmeier mit NAVA den Beweis antreten, dass sie das formulierte Lastenheft erfüllen: Bei wichtigen Kriterien, wie der „Abbildung des bestehenden Workflows“ und der „Bedienung durch die Sachbearbeiter im Anschlusswesen“ konnte NAVA mit leicht konfigurierbaren Auftragsvorlagen und Bauteilekatalogen punkten.
Zum Beispiel wurden die relevanten GIS-Felder mit repräsentativen Skizzen abgeglichen und eingerichtet. Auch wurden wichtige Felder für die Zuordnung von Aufträgen und Aufgaben zum Grundstückssachbearbeiter und zum ERP-System „kVASy“ ergänzt. „Auf diese Weise wollten wir sicherstellen, dass wir bewährte Arbeitspraktiken beibehalten und gleichzeitig den Prozess vollständig digitalisieren“, so Hammann. Im NAVA-Manager legt der Sachbearbeiter zu jedem Hausanschlussantrag einen Auftrag an und übermittelt diesen per Knopfdruck wahlweise an die NAVA-App der Monteure der Nordwasser oder zukünftig an einen Dienstleister.
Spezialequipment und -kenntnisse ade!
Mit „Augmented Reality“ wird das Einmessen fast zum Kinderspiel
Nachdem der Grundstücksanschluss gelegt wurde, gibt der Monteur vor Ort alle Informationen in die App ein: Sachdaten wie Material oder Dimensionen, Formularfelder des Feldbuchs, Zählerstände und Bauteile per Handyfoto und schließlich die Messdaten und die Skizze.
Dazu nimmt er zunächst Bezugspunkte für die Einmessskizze auf, zum Beispiel die Gebäudeecken oder bereits im GIS dokumentierte Objekte wie Schächte. Anschließend misst der Monteur mit Hilfe von Augmented Reality (das reale Kamerabild mit räumlicher Information wird visuell ergänzt) die Bauteile, angefangen mit der Ventilanbohrschelle oder dem Wasserabzweig über den kompletten Leitungsverlauf mit seinen Knickpunkten bis hin zur Hauseinführung. Im abschließenden Prüfmodus validiert die App die Punkte und überführt sie in eine Skizze mit automatischer Orthogonalbemaßung und absoluter Georeferenzierung durch den Monteur. Zusätzlich visualisiert sie den Leitungsverlauf über Fotos, die bei der Messung aufgenommen und den Bauteilen zugeordnet werden.
Von der Baustelle per Schnittstelle direkt ins GIS
Bei der Integration der vor- und nachgelagerten Systeme spielt die Smallworld-Schnittstelle eine zentrale Rolle. Sobald der Monteur den Grundstücksanschluss mittels mobiler Endgeräte eingemessen hat, startet ein durchgängig digitaler Prozess, der bis ins GIS reicht. Weil NAVA als Cloud-Lösung automatisch zwischen der Baustelle und dem Büro synchronisiert, stehen alle erfassten Auftragsinformationen sofort auch in der Desktop-Anwendung NAVA-Manager (siehe Abbildung) im Innendienst zur Verfügung und werden über die Schnittstelle an das Smallworld GIS übertragen. Die Technische Dokumentation georeferenziert den Auftrag anschließend anhand der Bezugspunkte im GIS und wandelt die eingemessenen Bauteile mithilfe der in den 3D-Punkten enthaltenen Sachdaten in die korrekten Objektklassen um. Dabei wird die Skizze per Translation und Rotation auf den Nullpunkt und die Flucht eingepasst, um den gesamten Anschluss in den GIS-Datenbestand zu überführen. Auf diese Weise ist Nordwasser heute in der Lage, die Grundstücksanschlüsse sehr effizient im GIS zu erfassen.
„Mit der Einführung von NAVA reduzieren wir den bürokratischen Aufwand im Prozess insgesamt um ca. 50 %“, freut sich Stefan Hammann. „Dazu gehören ineffiziente Tätigkeiten wie das Kopieren, Lochen, Scannen, Weiterleiten oder mehrfaches Abspeichern, aber auch Rückfragen zu Handskizzen oder fehlenden Messwerten.“
Schnell, genau und ausbaufähig.
Überzeugend genau
Bei den Anforderungen stand die Genauigkeit der Messungen ganz weit vorn. Weil diese bei der NAVA-App vom eingesetzten Smartphone abhängt, hat Nordwasser zuvor einen Test beauftragt, in dem mehrere Modelle miteinander verglichen wurden. Die Entscheidung fiel auf das Samsung Galaxy S20+, das mit wenigen Zentimetern Abweichung von der tachymetrischen Vermessung deutlich unter der berühmten Spatenbreite bleibt. Auch die eigenen Feldtests der Nordwasser bestätigten die guten Messergebnisse des Gerätes, für das Mettenmeier im Rahmen der Wartung den Support von NAVA zusichert.
Die integrierte Qualitätssicherung der App trägt ebenfalls zur Genauigkeit der Messung bei. „Über ein Ampelsystem sieht der Monteur bereits vor Ort, ob das interne Modell der App ausreichend Daten für eine genaue Messung hat“, erklärt Stefan Hammann. „Ein weiterer Faktor ist die Schulung der Mitarbeiter, denn die Bezugspunkte und der Leitungsverlauf sollten genau anvisiert werden.“
Im GIS zeigt sich die Genauigkeit dann beispielsweise bei einem Vergleich der NAVA-Skizze mit bereits existierenden tachymetrisch gemessenen Schachtkoordinaten. Die Orientierung an vorhandenen Referenzpunkten bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich: „Mit NAVA sind wir heute in der Lage, Gebäudeanschlüsse in Neubaugebieten lagegenau ins GIS einzuarbeiten, bevor die amtlichen ALKIS-Daten zu den Liegenschaften vorliegen.“
Abwasser-Grundstücksanschlüsse im Blick
Mit der Einmessung von Abwasser-Grundstücksanschlüssen ist das nächste Teilprojekt bereits gestartet. Mithilfe von repräsentativen Anschlussskizzen und der bewährten NAVA-Konfiguration aus dem Trinkwasserbereich hat Nordwasser dafür bereits die Unterschiede herausgearbeitet.
Dieses Delta liefert die wesentlichen Anforderungen für die Kanal-Konfiguration im NAVA-Manager, insbesondere an die Auftragsvorlage mit ihren Kopfdaten und den Feldbucheinträgen sowie die Bauteilkataloge und Bauteilformulare. Diese Anpassungen hat Nordwasser bereits mit einfachen Systemkonfigurationen durch geschultes Fachpersonal gelöst.
Noch weniger Aufwand bereitet die NAVA-Schnittstelle zum GIS, weil sie im Standard bereits für die Nutzung weiterer Sparten wie Kanal vorbereitet ist. Geplant ist künftig auch die Ablösung des papierbasierten Schadensberichts durch digitale NAVA-Formulare. Dies betrifft etwa 250 Reparaturen an Trinkwasserleitungen pro Jahr inklusive anschließender Vermessung. Hinzu kommt die Einmessung fehlender Objekte wie Schächte oder Hydranten, deren Ergebnisse dann künftig ebenfalls per Schnittstelle an das GIS übertragen werden sollen.
ESN und Mettenmeier. Hand in Hand.
Die Smallworld-Schnittstelle überträgt die eingemessenen Skizzen mit allen Bauteilen, Fotos und PDF-Dokumenten ins GIS, wo diese mit wenigen Mausklicks georeferenziert und mit allen Bauteilsachdaten in der Smallworld-Datenbank „3D-Messung“ gespeichert werden, die zum 3D-Modell der Schnittstelle gehört. Die anschließenden Konstruktionsarbeiten erledigt die Schnittstelle automatisch. Von Nordwasser gewünschte Schnittstellenanpassungen haben die Projektpartner ESN und Mettenmeier zeitnah umgesetzt. Sie sichern die Kompatibilität aller von ESN bereitgestellten Fachschalen und sind sowohl für eine manuelle als auch für eine automatisierte Weiterverarbeitung zur Objektbildung im GIS die gemeinsame Basis.